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AKW-Betreiber Tepco Die Vertuschungsfirma

Gefälschte Dokumente, vorgetäuschte Reparaturen, tödliche Unfälle: Das Desaster im japanischen AKW Fukushima ist der Höhepunkt einer Reihe von Skandalen der Betreiberfirma Tepco. Das Unternehmen wollte den Katastrophen-Reaktor angeblich diesen Monat stilllegen.
Pressekonferenz von Tepco am 12. März: Manager verneigen sich

Pressekonferenz von Tepco am 12. März: Manager verneigen sich

Foto: STR/ AFP

Die Betreiberfirma Tepco des japanischen Katastrophen-Reaktors gerät durch die Atomkatastrophe nicht das erste Mal ins Zwielicht. "Tokyo Electric Power Company", wie das Unternehmen vollständig heißt, ist eines der größten Unternehmen Japans - und affärenreich. Die gegenwärtige Katastrophe lässt nun frühere Skandale der Firma in neuem Licht erscheinen.

Vor neun Jahren musste der damalige Firmenchef von Tepco zusammen mit weiteren Managern die Firma verlassen. Japans größter Energieerzeuger war unter Verdacht geraten, in 29 Fällen Wartungsdokumente gefälscht zu haben. Die Spitzenfunktionäre übernahmen mit dem Rücktritt die Verantwortung für die Affäre. 17 Reaktoren, darunter auch der jetzige Unglücksmeiler, mussten für Inspektionen vorübergehend vom Netz genommen werden. Als Tepco die Reaktoren im Jahr 2003 wieder hochfuhr, gab es laute Proteste.

Unfälle und Vorwürfe über gefälschte Dokumente gegen Tepco gab es schon bald wieder. 2006 wurde dem Konzern vorgeworfen, Daten über die Kühlwassertemperatur in ihren Reaktoren in den Jahren 1985 und 1988 gefälscht zu haben. Die Daten seien noch 2005 bei Inspektionen vorgelegt worden. 2007 tauchten weitere gefälschte Reaktordaten von Tepco auf. Die Kraftwerke blieben aber diesmal in Betrieb.

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Tsunami-Folgen: Explosion in Kernkraftwerk

Foto: AP/ NTV Japan via APTN

Dafür verschob Tepco 2007 nach Bekanntwerden des Skandals die Fertigstellung neuer Reaktoren im AKW Fukushima-Daiichi, das in der Nähe des gegenwärtigen Katastrophenreaktors liegt, um ein Jahr. Eigentlich sollten die neuen Meiler 2013 und 2014 in Betrieb gehen. Der Plan dürfte nun korrekturbedürftig sein.

Nicht nur Vertuschungsaffären, auch Störfälle prägen die Geschichte der Atomanlage in Fukushima, 200 Kilometer nordöstlich von Tokio: Zuletzt war nach einem Erdbeben im Juli 2007 radioaktives Wasser aus einem Becken geschwappt, in dem verbrauchte Brennstäbe lagerten. 2006 trat radioaktiver Dampf aus einem Rohr, 2002 wurden Risse in Wasserrohren entdeckt. Im Jahr 2000 musste ein Reaktor wegen eines Lochs in einem Brennstab abgeschaltet werden. 1997 und 1994 gab es ähnliche Vorfälle, bei denen etwas Radioaktivität freigesetzt wurde.

Die gegenwärtige Katastrophe wäre angeblich fast verhindert worden: Der jetzige Katastrophen-Reaktor im Atomkraftwerk Fukushima sollte nach Angaben aus einer internationalen AKW-Datenbank noch in diesem Monat stillgelegt werden. Der Reaktor 1 des Meilers Fukushima-Daiichi sollte nach etwa 40 Jahren in diesem Monat den Betrieb einstellen. Eine Datenbank des Forschungszentrums Nuclear Training Centre (ICJT) in Slowenien nennt als "erwartetes Datum der Stilllegung" den März 2011.

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Karten: Sperrzone um rauchendes AKW

Foto: SPIEGEL ONLINE

Die AKW-Katastrophe könnte das Geschäft der Firma nachhaltig schädigen, denn viele Japaner waren gegenüber der Atomkraft schon vor dem Erdbeben kritisch eingestellt. Die Opposition gegen die Atomkraft ist in Japan stark - was sich auch aus der Geschichte erklärt: Das Land ist traumatisiert vom Abwurf von Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki zum Ende des Zweiten Weltkriegs, bei dem die zerstörerische Energie der Kernkraft deutlich wurde.

Immer wieder gaben japanische Atomanlagen Anlass zu Sorgen, in den vergangenen Jahren gab es diverse Zwischenfälle. Aufgrund seiner Rohstoffarmut meinte Japan jedoch bislang, auf Atomkraft angewiesen zu sein. Das Land gewinnt rund 30 Prozent seines Stroms aus den landesweit 54 Atomkraftwerken.

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Foto: AP/ Kyodo News
boj/Reuters/dpa/AFP
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